
Philipp Tramm über Vereins- und Verbandsberatung
Als Vereinsentwickler bietet Philipp Tramm Beratung und Dienstleistungen für Vereine und Verbände an. Dabei konzentriert er sich auf die Themen Entwicklungsprozesse im Breitensport, ehrenamtliches Engagement, Digitalisierung in Verein und Verband sowie Sport- und Eventmarketing. Seine Kenntnisse und Fähigkeiten bringt der studierte Sportmanager auch als Geschäftsführer & Referent für Vereinsentwicklung des Kreissportbundes Stade sowie als ehrenamtlicher Vizepräsident des Nordwestdeutschen Volleyball-Verbandes ein. Wir haben mit Philipp über das Berufsbild “Vereinsberater” gesprochen: Was genau macht ein solcher, für wen ist eine professionelle Beratung sinnvoll und wohin kann man sich als interessierter Verein wenden? Das und mehr erfährst du im Folgenden.
Hallo Philipp. Zunächst einmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Bitte stelle dich unseren LeserInnen kurz vor: Wer bist du, wo kommst du her und was machst du, wenn du gerade keine Vereine oder Verbände berätst?
Das mache ich gerne, herzlichen Dank für die Einladung! Ich bin Philipp Tramm aus Bremervörde in Niedersachsen und wenn ich gerade mal nicht beratend unterwegs bin, findet man mich häufig in der Sporthalle beim Volleyball. Ohne Sport geht´s einfach nicht!
Wie bist du Vereins- und Verbandsberater geworden? Bitte schildere uns kurz deinen Werdegang.
Bereits während meines Sportmanagement-Studiums habe ich mich sehr intensiv mit dem organisierten Sport, mit Vereins- und Verbandsstrukturen beschäftigt. Auch ehrenamtlich habe ich früh den Weg in den Sportverein gefunden und mit der Organisation von Turnieren und Meisterschaften erste Erfahrungen sammeln können. Dass mich mein beruflicher Weg dann nach dem Studium 2017 in einen Sportbund geführt hat, war daher schon sehr naheliegend. Über eine Fortbildung beim Landessportbund Niedersachsen habe ich dann schließlich ein umfangreiches methodisches Rüstzeug an die Hand bekommen, um Sportvereine und -verbände in ihren Entwicklungsprozessen begleiten zu können. Seitdem bin ich, nicht nur in Niedersachsen, als Vereins- und Verbandsberater tätig.
Kannst du kurz beschreiben, wie dein Alltag als Vereins- und Verbandsberater aussieht Welche Leistungen bietest du denn genau an?
Die Vereins- und Verbandsberatung, wie ich sie anbiete, kann in erster Linie als „Hilfe zur Selbsthilfe“ oder auch Entwicklungsbegleitung verstanden werden. Als Externer bringe ich einen unvoreingenommenen Blick auf Strukturen und Prozesse mit und unterstütze den Verein oder Verband bei der Erarbeitung von Zielen, Visionen und ganz konkreten „next steps“. Das kann z.B. in moderierten Workshops oder Klausurtagungen erfolgen. Wichtig ist dabei immer: Die vorhandenen Ressourcen der Organisation identifizieren und stärken. Häufig sind sich Vereine gar nicht bewusst, welche ungenutzten Kompetenzen etwa in ihrer Mitgliederschaft vorhanden sind.
Häufig verlieren wir uns als Engagierte mit begrenztem Zeitbudget zu sehr im „Tagesgeschäft“ und verlieren die strategische Weiterentwicklung unseres Vereins oder Verbandes aus den Augen. Ich habe hier die Erfahrung gemacht, dass eine strukturierte und zielgerichtete Begleitung/Moderation von Entwicklungsprozessen dazu beitragen kann, den Fokus auf Ziele, Visionen und deren Umsetzung zu lenken.
Zum Alltag und Leistungsumfang als Vereins- und Verbandsberater gehört auch, themenspezifisch Impulse und Antworten zu geben, etwa in den Bereichen Engagementförderung, Digitalisierung, Marketing und Kommunikation, Sponsoring oder Anbahnung von Kooperationen.
Wie gewinnen wir Engagierte für unseren Verein? Welche Anforderungen können an eine digitale Vereinsverwaltung gestellt werden? Was ist bei der Entwicklung einer Vereinshomepage zu beachten? Wie machen wir uns als Verband attraktiv für Sponsoren? Zu diesen und ähnlichen Fragen berate ich Vereine und Verbände ebenfalls und kann aus Erfahrungen in anderen Vereinen (natürlich anonymisiert) berichten.
Damit erarbeitete Ideen und Maßnahmen nicht an Ressourcen und spezifischen Kompetenzen scheitern, biete ich darüber hinaus bei Bedarf auch Unterstützung, etwa bei der Umsetzung von (digitalen) Marketingaktivitäten, der Einrichten von Cloudsystemen wie Microsoft 365 oder der Eventorganisation an.

Philipp Tramm bei einer Vereinsberatung
Ist eine solch professionelle Beratung nur etwas für große Vereine mit eigenen Mitarbeitenden und Sportstätten? Falls nicht: Inwiefern profitieren auch “klassische” Sportvereine von einer Beratung?
Eine solche Beratung kann für Vereine und Verbände jeder Größe einen Mehrwert bieten. Je nach Organisationsgröße und den gegebenen Rahmenbedingungen ergeben sich für die Vereins- und Verbandsentwicklung natürlich unterschiedliche Fragestellungen und Herausforderungen.
Letztlich werden Sportorganisationen langfristig nur dann Bestand haben und erfolgreich arbeiten können, wenn sie sich und ihre Arbeit immer wieder hinterfragen, weiterentwickeln und Veränderungen in Umfeld und Gesellschaft wahrnehmen und aufgreifen. Veränderungen lassen sich nicht aufhalten, jedoch aktiv gestalten. Das gilt für den kleinen „Dorfverein“ mit 100 Mitgliedern genauso wie für den Großsportverein mit 5.000 Mitgliedern oder den Landesfachverband.
Üblicherweise schwimmen Vereine aus dem Amateur- und Breitensport nicht gerade im Geld. Gibt es Unterstützungsangebote, dank derer Vereine an eine Beratung kommen? Vielleicht seitens der Verbände oder über öffentliche Förderungen? Falls ja: Wie und wo findet man diese?
Für Sportvereine und -verbände, die beispielsweise Mitglied im Landessportbund Niedersachsen sind, steht ein gefördertes Vereinsberatungsangebot zur Verfügung. Andere Sportbünde bieten vereinzelt ebenfalls ein solches Programm an. Ein Anruf beim eigenen Sportbund oder Fachverband kann häufig schon hilfreich sein. Außerdem stehen über Stiftungen, wie die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) oder die Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung weitere Fördertöpfe zur Verfügung. Bei der Auswahl geeigneter Fördertöpfe für die Vereinsberatung unterstütze ich natürlich auch gerne.
Lass uns auch noch kurz über deine weiteren Aufgaben sprechen. Du bist Geschäftsführer des Kreissportbundes Stade. Was genau macht ein Kreissportbund (für die Sportvereine vor Ort)?
Neben der bereits beschriebenen Vereinsberatung, die wir im KSB anbieten, halten wir ein umfangreiches Aus- und Weiterbildungsangebot für ÜbungsleiterInnen, Vorstandsmitglieder und Interessierte vor. Auch die Übungsleiterbezuschussung sowie der Sportstättenbau werden durch den Kreissportbund und den Landessportbund abgewickelt bzw. gefördert. Ebenso zählt die Unterstützung der Sportjugend, Beratungsangebote zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport uvm. zum Leistungsangebot eines Kreissportbundes. Wir sind Interessenvertretung des Sports gegenüber Politik, Verwaltung, Wirtschaft und weiteren Akteuren und stehen den Vereinen insgesamt bei sämtlichen Fragen den Sport und die Vereinsarbeit betreffend mit Rat und Tat zur Seite.
Deine Leidenschaft gilt dem Volleyball. Spielst du noch aktiv? Falls ja, in welchem Verein?
Ja, wie schon eingangs erwähnt, geht´s ohne Sport und insbesondere Volleyball einfach nicht. Seit 2019 ist der VfL Stade meine sportliche Heimat. Mit meiner Mannschaft spiele ich dort aktuell in der Landesliga.
Als Vizepräsident des Nordwestdeutschen Volleyball-Verbandes kümmerst du dich unter anderem um die Themen Jugend & Schule. Nun ist der Volleyball eine der Sportarten, die in den vergangenen Jahren mit Mitgliederrückgängen zu kämpfen hatten. Hast du ein paar Praxis-Tipps, wie Vereine hier gegensteuern können?
Das Thema Mitglieder- und insbesondere Nachwuchsgewinnung wird aus meiner Sicht in den nächsten Jahren noch deutlich an Bedeutung gewinnen. Ab 2026 werden wir einen bundesweiten Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung haben. Wie werden die Vereine perspektivisch noch an den Nachwuchs herankommen? Hier gilt es, frühzeitig Weichen zu stellen und als Verein Kooperationen mit Schulen einzugehen – sofern das Ziel Mitglieder- und Nachwuchsgewinnung ein strategisches Ziel des Vereins ist. Beispiele können AG-Angebote oder besondere Veranstaltungen sein. Die Kooperation mit anderen Vereinen, um etwa eine hauptamtliche Trainerstelle zu finanzieren, die solche Kooperationen tagsüber realisieren kann, wäre hier ebenfalls ein Ansatz.
Schließlich werden wir erleben, dass sich die Art und Weise, wie wir zukünftig Sport treiben, verändern wird. Mehr Individualität, mehr „Fitnessstudio- und Dienstleistermentalität“ ist schon heute vielerorts zu hören. Hier können Sportvereine tätig werden und neue Beitrags- und Mitgliedschaftsmodelle entwickeln, um als Sportanbieter attraktiv zu bleiben. So können etwa Kursangebote für (Noch-)Nichtmitglieder, Abomodelle mit monatlicher Kündigung usw. hilfreich sein. Wichtig ist, dass die Maßnahmen zum Verein und den Vereinszielen passen. Klarheit darüber zu schaffen, welchen Herausforderungen der Verein begegnen wird und wohin sich der Verein entwickeln soll, sind Grundvoraussetzungen für gute Entscheidungen und Maßnahmen für einen zukunftsfähigen Verein. Wer hier einen nächsten Schritt wagen möchte, dem stehe ich gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Lieber Philipp, vielen Dank für deine Zeit und die lehrreichen Antworten! Wir wünschen dir weiterhin viel Erfolg als Vereinsentwickler.