
eSports: eine vielversprechende Chance für Amateurvereine?
Die eSport-Branche wächst rasant und es ist noch lange kein Ende dieses Wachstums in Sicht. Es entstehen zahlreiche große und kleinere eSport-Vereine und einige klassische Sportvereine gründen eine eigene eSports-Abteilung. Stellt der virtuelle Sport eine Möglichkeit für Breitensportvereine dar, neue Mitglieder zu gewinnen?
Wunsch nach klassischen Vereinsstrukturen
Die Zahl der eSportler steigt stetig an und viele von ihnen hegen den Wunsch nach organisierten Vereinsstrukturen, wie sie in klassischen Sportvereinen zu finden sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen reinen eSport-Verein oder um eine eSport-Abteilung innerhalb eines bereits bestehenden Vereins handelt.
Dies zeigt eine Studie der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Die Untersuchung geht den Fragen nach, ob eSportler Interesse daran haben, sich in Breitensportvereinen zu organisieren und ob die Umsetzung einer eSports-Abteilung im Breitensportverein realisierbar und sinnvoll ist.
Den gewonnenen Erkenntnissen zufolge sehnen sich ca. drei Viertel der eSportler danach, einem Verein anzugehören - mit allem, was das Vereinsleben ausmacht. Demnach wünschen sie sich gemeinsame Trainings, organisierte Teilnahmen an Liga-Spielen sowie ein Miteinander abseits des PCs oder der Konsole.
Dies beweist, dass das Bild eines zurückgezogen lebenden eSportlers in den meisten Fällen nicht der Realität entspricht. Im Gegenteil: Die große Mehrheit der eSportler stellt die sozialen Beziehungen in den Vordergrund und will an dem Vereinsleben teilnehmen. In dieser Hinsicht besteht also kein wesentlicher Unterschied zu Vereinsmitgliedern anderer Sportarten.
eSport als Chance für den Amateursport?
Der eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD) schätzt die Zahl der eSport-Begeisterten in Deutschland auf ca. drei bis vier Millionen. Da die große Mehrheit gerne Teil eines Amateurvereins wäre, stellt sich die Frage, ob diese den eSport als Chance zur Mitgliedergewinnung sehen dürfen. So könnte der eSport beispielsweise Nachwuchs in die Vereine locken. Denn in vielen Vereinen des Breitensports sinken die Mitgliederzahlen und die ehrenamtliche Beteiligung.
Außerdem stellt der eSport einen möglichen Weg dar, um neue Sponsoren zu erreichen und langfristige Partnerschaften einzugehen. Dies liegt nicht zuletzt an der enormen Reichweite, die dem eSport innewohnt. Er erreicht verschiedenste Zuschauer dank medialer Übertragung über Streaming-Plattformen.
Die Rechtslage als Problem
Somit weist der eSport großes Potenzial für Breitensportvereine auf. Das Problem bei der Gründung einer eSports-Abteilung innerhalb eines bestehenden Vereins ist jedoch rechtlicher Natur. Wie ein vom DOSB beauftragtes Gutachten ergeben hat, zählt eSport nicht als Sport. Zwar gelten die virtuellen Sportsimulatoren wie die FIFA- oder die NBA 2K-Reihe im Gegensatz zu anderen Videospielen wie beispielsweise Shooter als anschlussfähig. Dennoch gelten sie offiziell (noch) nicht als Sport.
Genau diese Rechtslage erschwert die Integration einer eSport-Abteilung in den Verein. Aus dem Grund wird vermehrt – beispielsweise vom ESBD – von der Politik gefordert, klare Rahmenbedingungen und eine klare Rechtslage zu schaffen. Das große Problem ist nämlich, dass bei der Gründung einer eSport-Abteilung die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins drohen kann. Außerdem gibt es unterschiedliche Regelungen zur Gemeinnützigkeit von eSports in den verschiedenen Bundesländern.
Erste politische Ansätze geben Hoffnung
Doch allmählich tut sich etwas in der Politik. Das Positionspapier “Ehrenamtsgesetzt 2021” der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag enthält den Vorschlag, dass das Ehrenamtsgesetz 2021 im Hinblick auf eSports abgeändert werden soll:
„Wir sorgen für Rechtssicherheit von Sportvereinen, die E-Sports-Abteilungen betreiben. Um für diese Vereine die Gefahr der Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu beseitigen, werden wir eine rechtliche Klarstellung der Behandlung von E-Sports herbeiführen. Wir werden deshalb darauf hinwirken, dass der Anwendungserlass zu § 52 AO am Ende der laufenden Nummer 7 um die Formulierung „E-Sports fällt unter den Begriff Sport, soweit es sich um elektronische Sportsimulationen handelt“ ergänzt wird.“
Doch auch dies stellt in den Augen der eSportler nur einen Kompromiss dar, denn die Gemeinnützigkeit beschränkt sich hier auf die elektronischen Sportsimulationen und lässt andere Videospiele außen vor.
eSports-Abteilung – was muss der Verein beachten?
Doch welche Möglichkeiten haben Vereine bei der Gründung einer eSport-Abteilung? Dieser Frage gehen Dr. Dirk Schwenn, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht und Experte für Vereinsrecht, und Thomas Krüger, Fachanwalt für Steuerrecht und Experte für Gemeinnützigkeitsrecht, von vereinfacher.de im folgendem Video nach:
Bisher mussten gemeinnützige Vereine bei der Integration einer eSport-Abteilung sowie reine eSport-Vereine bei ihrer Gründung “Hintertürchen” nutzen. Damit der Verein als gemeinnützig gelten kann, muss eSport offiziell als Sport anerkannt werden. Dies ist jedoch (noch) nicht der Fall. Aus diesem Grund präsentieren einige Vereine den eSport als nicht als Förderung des Sports, sondern als Förderung der Jugendhilfe. Dann muss sich das Angebot allerdings auch ausschließlich an junge Menschen richten. Dies birgt das Problem, dass Vereine in ihrer Handlungsfreiheit stark eingeschränkt werden. Außerdem ist unklar, bis zu welchem Alter ein Mensch als jung zu gelten hat.
Zudem muss die Satzung des Vereins geändert werden, wie im obigen Video erläutert wird. Hierzu müssen alle Mitglieder der Satzungsänderung zustimmen, was vor allem für größere Vereine zum Problem werden dürfte. Deswegen ist es bedeutend einfacher, einen neuen “Schwesterverein” für den eSport zu gründen. Wenn der Verein an dem wirtschaftlichen Potenzial des eSports teilhaben will, besteht die Möglichkeit, eine Tochter-GmbH zu gründen, die den eSport beherbergt. Wenn man bei der Tochter-GmbH auf die Gemeinnützigkeit verzichtet, hat man den Vorteil der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit.
eSports-Abteilung: schwer realisierbar?
Doch neben den bürokratischen Herausforderungen stehen Vereine vor einem weiteren Problem: Oft fehlen die finanziellen Mittel für die benötigten Räumlichkeiten und die Ausstattung oder aber das technische Know-how.
Das Fazit obengenannter Studie der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz ist, dass bei den Spielern zwar durchaus Interesse an eSport-Abteilungen in Vereinen besteht, deren Gründung jedoch nur schwer realisierbar ist. Neben den Problemen hinsichtlich der Gemeinnützigkeit des Vereins wird betont, dass die Gründung monetär und/oder räumlich schwer durchführbar ist. Außerdem wird oftmals ein Imageverlust befürchtet.
Abschließend bleibt also festzuhalten, dass der eSport durchaus Chancen für den Breitensport bietet. Auf dem Weg zu einer eigenen eSports-Abteilung gibt es jedoch – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – einige Hindernisse. Deswegen ist es durchaus empfehlenswert, verschiedene Wege in Betracht zu ziehen und die Vor- und Nachteile individuell abzuwägen.
Sportvereine, eSport, Digitalisierung